Bővebb ismertető
D ie Augen blicken. Der Blick wägt die Dinge, berührt sie, verändert sie, eignet sie sich an, formt sie, verwandelt sie in Worte, sprechende und ausdrucksvolle Bilder; er stellt sie aus sich heraus und macht sie wirklich: er spiegelt sich in ihnen und findet sich in ihnen wieder; er stellt die ewige zweigesichtige Wirklichkeit des Lebens fest. Kein Ort, kein Land in der Welt ist vielleicht so durchdringend angeschaut worden, wie das meine, wie Italien. Durch Millionen und Millionen von Augen in nie abreißender Folge, durch Tausende von Jahren: durch schwarze und blaue Augen der Angestammten und derer aus der Fremde: alle haben es in unendlich verschiedener Art angeschaut und gesehen, sind darüber hinweggeglitten, haben sich darin vertieft, darin gespiegelt und haben etwas aufgenommen oder etwas hineingelegt. Wenn das Auge mit Liebe beobachtet (falls Liebe beobachtet), dann sieht es. Wir, die Kinder Italiens (aber vielleicht auch viele von denen, die von fernher kommen) sahen in diesem kleinen Beet, und zwar nicht nur, weil es unsere Heimat ist, die erste und tiefste und die umfassendste aller Erscheinungen: sahen die Mutter. In welchem Sinn? Im unbedingten Sinn des Wortes und aus Gründen, die, wie mir scheint, aus der Wirklichkeit aufklingen. Man erkennt hier, und ich möchte sagen, man wird von den Dingen dazu gezwungen, unauflöslich in jedem Bild vereint, nicht nur den Ort, sondern auch die Zeit zu sehen: einen Ort, der die Zeit ist; die Zeit, die ein Ort ist. Das heißt, wir finden im Anblick Italiens nicht nur die unendlichen einmaligen Wirklichkeiten, die unzähligen Einzelschicksale und die Städte, die Bäume, die Flüsse, die Meere, die Wolken, die Reichtümer, die Nöte, das Gute, das Böse, die Freuden, die Schmerzen, den Alltag und seine Probleme, das Gespinst des Daseins, die ganze vielfältige und wechselvolle Gegenwart, sondern auch die deutliche Erinnerung an ein Gesicht, das uns ähnelt. Sollen wir also kurz über Italien sprechen, so ist das für uns ebenso köstlich wie schwierig, so gewagt, als wolle man eine ganze Selbstbiographie oder ein schrankenloses Bekenntnis bis zu den Ursprüngen jenseits der klaren Grenzen und des Bewußtseins in ein Sonett einschließen. Der Reisende, der hierher kommt, auf einer der uralten Einfalls- und Kriegsstraßen, vom Drang nach der Sonne getrieben, vom Norden oder vom Westen, oder vom Osten, oder über die Seewege der prähistorischen Landnahmen, heute, über die schnellen Straßen des blauen Himmels, kann seinem ersten, einfachen und eindeutigen Eindruck folgen und sich damit begnügen; oder, ist er ein großer Geist, wie so viele der berühmten Reisenden aus den Zeiten, in denen die Reise nach Italien" als ein Bedürfnis der Bildung, des Herzens und der Seele angesehen wurde, ist er ein Montaigne oder ein Goethe, ein Chateaubriand oder ein Heine, ein Stendhal oder ein Courier, dann kann er ihn bereichern und dabei reicher werden. Ist er ein beschränkter Geist, so mag er sich an den Schein, an die Bräuche, das Volkstum, das Klima, das Vergnügen, die Anmut, den Zauber der Namen oder an nichts halten. Für uns aber ist es ein Antlitz, das uns ähnelt, geliebt und mütterlich: und davon können wir nicht reden, weil wir (auch ohne es zu wissen) von nichts anderem reden. Wir sind versucht, es wirklich wie einen Menschen zu beschreiben, nicht anders wie es die antiken Bildhauer in symbolischen und realen Bildern mit einer Göttin taten: mit ihren schwarzen Augen, der blonden Wolke ihrer langen Weizenhaare, auf den vom Meereswind umwehten Abhängen, mit den Küsten, die ihre Hüften bilden, mit ihren geheimnisvoll vertrauten Gebärden, ihrem Liebeslächeln und den lila Wolkenschatten, dem verborgenen Schmerz ihrer Einsamkeit und ihrer uralten Jugend und ihren prallen Brüsten von sprossender Erde und ihrer leichten Dummheit und ihrer abgrundtiefen Weisheit, und ihrem geschäftigen Müßiggang, ihrer harmonischen Lebenskraft und ihren Tränen. Aber diese Beschreibung kann keinen Anfang und kein Ende haben, da sie sich im grenzenlosen Labyrinth der Zeit bewegt; vielleicht ganz zusammengefaßt in einem winzigen Bild und doch nicht erschöpft in der längsten und ausführlichsten Erzählung. Übrigens haben die Bilder und die Geschichten, die Gedichte und