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Backfischchens Tagebuch
»Aber Papa, ich bin doch kein Backfisch mehr!« Das junge hochaufgeschossene Mädchen mit schmalen Schultern und blasser Farbe blickte den Vater vorwurfsvoll an.
Der große statthche Mann lächelte. »Das mußt du mit den Tanten ausmachen, Kind; denn sie haben dir das Buch geschenkt. - Ich dächte, es sähe gar nicht so übel aus: ,Back-fischchens Tagebuch' in Goldbuchstaben, zierlich umrankt, und der Einband sehr solide von Juchten «
»Ich mache mir nichts aus Gold und Juchten. - Wäre es sehr teuer, einen andern Einband machen zu lassen?«
»Damit würdest du aber die Tanten kränken, Helene.«
»Die Tanten haben mich gekränkt, Papa; niemand läßt sich gern einen Backfisch nennen.«
»Ich wußte nicht, daß das beleidigend wäre.« - Der Präsident Aigishausen lachte herzlich.
»Hab' ich's denn Onkel Ewald übelgenommen? Im vergangenen Jahre hat er mich immer seinen ,Backfisch' genannt; aber jetzt bin ich schon siebzehn Jahre - und ehe ich das dicke Buch vollgeschrieben habe, kann ich eine alte Jungfer werden.«
Es bUeb dem Präsidenten nichts übrig, er mußte noch einmal das beleidigte Mädchen auslachen. Sehr wahrscheinhch kam es ihm nicht vor, daß sich seine einzige Tochter nicht verheiraten sollte; aber da sich Helene seine Heiterkeit nicht zu deuten verstand, ärgerte sie sich ein bißchen über ihren Papa, und sogleich nahm er sie zärtlich in seinen Arm.
»Du kannst am besten selbst beweisen, daß du die leidige Zwischenperiode — das Backfischalter — überwunden hast: schreibe etwas recht Gescheites in dein Tagebuch.«
Helene fuhr lebhaft auf. »Glaubst du, daß ich den Tanten daraus vorlesen werde? Fällt mir nicht ein. Im Gegenteil, ich werde das Buch verschließen und das Schlüsselchen Tag und Nacht um den Hals tragen.«
»Oho! Also ein Geheimbuch!«
»Spotte nicht, Papa. Ich besitze keine Geheimnisse.«
»Jetzt noch nicht - natürlich.«
»Wenn ich beim Schreiben daran denken soll, daß es jemand lesen wird, wäre es ja nur eine Stilübung.«
»Ereifre dich nicht, liebes Kind! Ich werde niemals ein so unbescheidenes Verlangen stellen.« - Er wandte sich zum Gehen.
Sollte sie ihn gekränkt haben? Helene sah dem Vater besorgt nach; doch ehe er die Tür erreichte, war sie auch schon an seiner Seite. »Du bist mir doch nicht böse, lieber, lieber Papa?«
»Nein, Maus! Ich beanspruche ja nicht deine beste Freundin zu sein, und nur in diesem Falle hätte ich ein gewisses Recht «
»Du bist mein bester Freund! Mein einziger Freund!« rief das junge Mädchen stürmisch.
Er küßte sie auf die Stirn. »Nun, schreibe in das Buch nur nicht das ganz gewöhnliche Mädchengeschwätz; dazu ist die Zeit zu kostbar.«
»Weil ich ein Tagebuch bekommen habe, deshalb bin ich aber doch nicht klüger geworden, Papa?«
»Du mußt wenigstens streben, so zu schreiben, daß du dich deiner Gedanken einmal nicht zu schämen brauchst. Und sei mir hübsch aufrichtig gegen dich selbst; junge Leute schmeicheln ihrer Eigenliebe oft ein wenig und geben erborgte Gedanken für eigene Einfälle aus. Wenn ich dir raten soll, Helene, darfst du dich auch nicht zu viel in sentimentalen Betrachtungen ergehen. Schreibe Tatsachen nieder, an die du ja gelegentlich auch eine Betrachtung knüpfen kannst; so entsteht mit der Zeit ein Erinnerungsbuch. Man glaubt gar nicht, wie viele schöne, liebe Erinnerungen das Leben fortspült; ich bereue es jetzt manchmal, interessante Erlebnisse nicht gebucht zu haben.«
»Ja, wenn ich aber nichts erlebe, Papa? Bis zu meinem ersten Balle vergeht ja bald noch ein Jahr.«