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„Der Ruhm von Matisse wird stetig wachsen, und die Lehren seiner tiefen Kunst werden immer klarer hervortreten. Sein waches Gefühl für die strahlende Farbe, die eindringliche Melodie seiner Zeichnung begründen inmitten der Trümmer einer hoffnungslosen Kunst der Moderne ein großartiges Zeugnis von Liebe und Vertrauen in die Schönheit des Lebens, eine Lektion, die die junge Kunst unserer Tage nicht in den Wind schlagen wird."
Renato Guttuso in L'Humanité vom 5. November 1954
Der Name Matisse ist unlösbar mit dem Fauvismus verbunden, der 1905 in Paris im Salon d'Automne einen der größten Skandale hervorrief, die die Geschichte der Kunst kennt. Der Maler Hans Purrmann berichtet, daß aus dem Saal, in dem die Bilder von Matisse und anderen Künstlern wie Derain, Vlaminck, Marquet, Friesz, Rouault hingen, gelegentlich helles Lachen und Wutschreie zu hören waren. Zeitungen verglichen die Gemälde mit den Bomben der Anarchisten, der Kunstkritiker Vauxcelles nannte Ihre Maler „les fauves", die Wilden, und gab ihnen so ungewollt ihren bleibenden Namen.
Die Hauptangriffe richteten sich gegen Matisse, der mit einigen Landschaftsskizzen und Gemälden vertreten war. Besondere Empörung lösten seine Bilder „Frau mit Hut" und „Offenes Fenster" aus. Durchaus konventionelle Themen also, unkonventionell waren jedoch die unvermischten, expressiven Farben, die Matisse allerdings keineswegs „erfunden" hatte. Er selbst beruft sich auf die lange Reihe seiner Vorläufer: „Von Delacroix bis hin zu van Gogh und besonders Gauguin, der durch die Schule der Impressionisten, welche ein allgemeines Aufräumen veranstalteten, und durch die Cézannes gegangen ist, der den endgültigen Impuls gab, indem er die farbigen Volumina einführte, kann man diese Rehabilitierung der Farbe verfolgen, die Wiederherstellung ihrer emotionellen Kraft." Keiner dieser Maler aber hatte die reinen Farben zuvor so konsequent angewandt und dadurch gegen die bürgerlichen Kunsttraditionen so verstoßen wie Matisse. Außerdem traten die Fauves nicht mehr wie Cézanne, van Gogh und Gauguin als isolierte Einzelgänger auf, sondern als geschlossene Gruppe. Und nicht nur in Paris gärte es unter den Künstlern. Auch In vielen anderen Städten wuchs die Zahl der oppositionellen Maler und Bildhauer, welche eine wahrere Kunst schaffen wollten und gegen die Veräußerlichung und Verlogenheit der offiziellen Kunst, die zu einer Lobdienerin der Großbourgeoisie und ihrer Weltherrschaftspläne geworden war, protestierten. Im gleichen Jahre 1905 stellten in Dresden die Maler der,.Brücke" ihre Bilder aus. Sie zeugen von einer tiefen inneren Unruhe, die diese jungen Künstler im Angesicht der Bedrohung durch die imperialistischen Krisen und Kriege ergriffen hatte. Von Wien, München und Brüssel breitete sich seit der Jahrhundertwende die Jugendstilbewegung aus, die die Nachahmung historischer Stile ablehnte und deren beste Vertreter vor allem im Kunstgewerbe, aber auch in der Architektur mit ihren neuen revolutionären Ideen Aufsehen erregten.
Je massiver der Angriff auf die offizielle Kunst wurde, um so mehr wurde er als Angriff auf die bürgerliche Ordnung selbst empfunden, zumal viele dieser Künstler nicht nur in ihren Werken, sondern auch im Leben eine antibürgerliche, teils sogar anarchistische Haltung einnahmen. Diese Tatsache wog 1905 um so schwerer, als in diesem Jahr das Proletariat in vielen Ländern große Massenstreiks durchführte und in Rußland offen zur Revolution überging, während gleichzeitig die Kriegsgefahr wuchs und gerade Frankreich durch die Marokkokrise erschüttert wurde.
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