Meisternovellen 3. [antikvár]

GESCHICHTE EINER MAGD Da das gute Wetter anhielt, hatten die Leute vom Pachthofe schneller als sonst ihr Mittagsmahl beendet und waren wieder an ihr Tagwerk in die Felder gegangen. Rose, die Magd, blieb allein in der großen Küche, in der das Kaminfeuer unter dem Kessel mit dem heißen Wasser allmählich verglomm. Langsam, immer wieder absetzend, schöpfte sie Topf um Topf aus dem Kessel und machte sich ans Abwaschen; manchmal hielt sie in ihrer Arbeit inne und schaute versonnen auf die beiden leuchtenden Vierecke, die die hellen Sonnenstrahlen durchs Fenster über die lange Tischplatte hinzeichneten; deutlich, wie abgemalt, war da auf den zwei lichten Quadraten jeder kleinste Fehler im Scheibenglas zu sehen. Drei Hühner, die sich dreist näher wagten, pickten Krümchen unter den Stühlen. Durch die halboffene Tür drangen die scharfen Gerüche vom Geflügelhof und vom Stall herein; und in der brütenden Mittagsstille hörte man die Hähne krähen. Als das Mädchen mit dem Abwaschen fertig war, wischte sie die Tischplatte blank, räumte den Kamin sauber, richtete ihn neu, Scheit auf Scheit, reihte die abgetrockneten Teller im Wandgestell auf, das neben der großen Uhr stand, deren eintöniges Ticktack durch den weiten Raum hallte. Als sie auch damit zu Rande war, seufzte sie tief auf, ein wenig verhalten, wie beklommen, - sie wußte selbst nicht warum. Sie ließ ihre Blicke über die altersdunklen Lehmwände hingehen und an den rauchgeschwärzten Balken oben an der Decke entlangwandern, von denen Spinnweben, gedörrte Heringe und Kränze von Zwiebeln herunterhingen. Dann faßte sie nach einer Stuhllehne,