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1 Mir ist angst um meine Seele
Herr, mir ist angst. Mir ist angst.
Mir ist angst um meine Seele
Ich sehe mich im Spiegel an. Ich weiß, daß ich auf den Namen Clementine getauft bin, und so wäre es sinnvoll, wenn die Leute mich Clem nennen würden oder gar, steil dir vor. Clementine, denn so heiße ich immerhin; aber sie tun es nicht. Die Leute nennen mich Tish. Auch gut, denke ich. Ich bin müde, und langsam glaube ich, daß vielleicht alles, was geschieht, irgendwie sinnvoll ist. Denn angenommen, es wäre nicht sinnvoll, wie könnte es dann geschehen? Aber das ist wahrhaftig ein schrecklicher Gedanke. So ein Gedanke kann nur aus Schwierigkeiten' entstehen - Schwierigkeiten, die sinnlos sind.
Heute habe ich Fonny besucht. Fonny - das ist auch nicht sein richtiger Name, er ist auf den Namen Alonzo getauft, und es wäre vielleicht sinnvoller, wenn die Leute ihn Lonnie nennen würden. Aber nein, wir haben ihn immer Fonny genannt. Alonzo Hunt, das ist sein Name. Ich kenne ihn, so lange ich lebe, und ich hoffe, daß ich ihn immer kennen werde. Aber Alonzo nenne ich ihn nur, wenn ich ihm etwas ganz Schwieriges beibringen muß.
Heute sagte ich: »- Alonzo -?«
Und er sah mich an, mit dem lebendigen, fragenden Blick, mit dem er mich immer ansieht, wenn ich ihn bei seinem Namen nenne.
Er ist im Gefängnis. Da waren wir nun: ich saß auf einer Bank vor einem Brett, und er saß auf einer Bank vor einem Brett. Und wir sahen uns durch die Glaswand zwischen uns an. Durch
das Glas kann man nichts hören: darum hat man ein kleines Telefon. Da muß man reinsprechen. Ich weiß nicht, warum die Leute immer nach unten blicken, wenn sie ins Telefon sprechen, aber das tun sie immer. Man muß daran denken, daß man aufsieht zu dem Menschen, Afit dem man spricht.
Ich denke jetzt immer daran, denn Fonny ist im Gefängnis, und ich liebe seine Augen, und jedesmal, wenn ich ihn sehe, habe ich Angst, daß ich ihn nie wiedersehen werde. Also, kaum bin ich dort, nehme ich den Hörer ab, und ich halte ihn einfach in der Hand und sehe Fonny die ganze Zeit lang an.
Wie ich also sagte »— Alonzo -?«, da blickte er nach unten, und dann sah er auf und lächelte und hielt den Hörer und wartete.
Ich wünsche es keinem, daß er den, den er liebt, je durch eine Glasscheibe ansehen muß.
Und ich hab es auch nicht so gesagt, wie ich's sagen wollte. Ich wollte es wie ganz nebenbei sagen. Er sollte sich nicht beunruhigen, sollte verstehen, daß ich es ohne einen Vorwurf im Herzen sagte.
Verstehst du: ich kenne ihn. Er isi sehr stolz, und er macht sich furchtbar viele Gedanken, und wenn ich's mir recht überlege, dann weiß ich — er weiß es nicht -, daß dies der Hauptgrund ist, warum er im Gefängnis ist. Er macht sich sowieso schon zu viele Gedanken, und ich will nicht, daß er sich auch noch meinetwegen Gedanken macht. Wirklich, am liebsten hätte ich ihm gar nicht gesagt, was ich sagen mußte. Aber ich wußte, ich mußte es sagen. Er mußte es wissen.
Und ich dachte auch: wenn er irgendwann aufhört, sich Gedanken zu machen, wenn er nachts allein daliegt, wenn er ganz allein ist, dann wird er