Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes Jahrbuch 1987 [antikvár]

Zielsetzung und inhaltliche Linie sind auch bei diesem zweiten Jahrbuch des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW) dieselben wie 1986 geblieben: in der Hauptsache den DÖW-Mitarbeitern sowie den Vorstands- und Kuratoriumsmitgliedern dieses Archivs ein Forum zu geben, Tagungsberichte, Vortráge, Artikel etc. zu publizieren, die sich aus der praktischen Arbeit ergeben und die groBen Publikationsreihen wie "Widerstand und Verfolgung in den österreichischen Bundeslandern 1934-1945" oder "Österreicher im Exil 1934-1945" ergánzen. Das DÖW versteht sich als pluralistische Institution, deren Vorstand und Kuratórium Vertreter verschiedener politischer Richtungen angehören; es bemüht sich, über alle parteipolitischen Grenzen hinweg einen Geist demokratischer Zusammenarbeit zu pflegen und vor politischen Entwicklungen, die es für verfehlt ansieht, zu warnen. Der Abdruck des Festvortrags der jeweiligen DÖW-Jahresversammlung ist eine feste Einrichtung des DÖW-Jahrbuchs. 1986 war Bundesprásident Dr. Rudolf Kirchschláger der Vortragende, und seine grundsatzlichen Erklarungen zum innenpolitisch bewegten Frühjahr 1986, Worte der Besorgnis und Kritik, lieBen aufhorchen. Kritischer verfuhr Prof. Dr. Gerhard Botz von der Universitát Salzburg in seinem Schwerpunkt artikel dieses Jahrbuchs mit der im zweiten Halbjahr 1986 keineswegs zur Ruhe gekommenen Problematik der österreichischen Innenpolitik, die er als Zeitgeschichtler in den historischen Kontext stellt. Unter dem Titel "AnschluB an die Vergangenheit!" stellt er Überlegungen zum Zusammenhang von Verdrangung der NS-Vergangenheit und aktueller Krise von Zeitgeschichte, Antifaschismus und DemokratiebewuBtsein in Österreich an; Überlegungen und daraus folgende Erkenntnisse, die der Autor in dem politisch bedeutsamen Jahr 1986 aus der Distanz gewann - wahrend einer Gastprofessur an der Stanford University in der Diskussion und Auseinandersetzung mit Studenten und akademischem Personal über jüngste politische Entwicklungen in unserem Land. Das DÖW geht mit vielen, wenn auch nicht mit allén Gedanken und Vorschlagen in diesem Artikel konform. Es erkennt den Wert dieser Anregungen für jeden Zeitgeschichtler und anerkennt auch den Stellenwert der von Prof. Botz der Geschichtswissenschaft zugewiesenen Rolle bei der Neubestimmung der Grundlagen einer österreichischen Geschichte des 20. Jahrhunderts, beim Abbau von Konfliktunterdrückung und "para-nazistischem" Gedankengut. Aus dieser Sicht begrüBte Prof. Botz die ersten Anzeichen eines in seinem Sinne eingeschlagenen Neuansatzes in der Rede von Bundeskanzler Dr. Franz Vranitzky vor Kriegsteilnehmern, Widerstandskámpfern und Kriegsopfern in Wien im Dezember 1986, die ebenfalls in diesem Jahrbuch abgedruckt ist. Den Forderungen einer Aufarbeitung der österreichischen NS-Vergangenheit bzw. nach einem tieferen Verstándnis österreichischer Zeitgeschichte kommen zwei weitere Artikel der vorliegenden Publikation nach: Dr. Wolfgang Neugebauer, Wissenschaftlicher Leiter des DÖW, untersucht Grundlagen und Entwicklung des österreichischen NationalbewuBtseins vom "Staat wider Willen" zum "Staat, den (fast) jeder will", und Dr. Peter Maiina atzt am gern tradierten Bild Österreichs, das bei relativ gelungener Verdrangung bestimmter und oft verhangnisvoller Kontinuitaten "einem